Ihre Zähne sollen Ihnen ein Leben lang erhalten bleiben. Die Endodontie behandelt die Erkrankungen des Zahninneren und hilft uns damit, den erkrankten Zahn zu heilen und schließlich zu erhalten.
Unter dem harten Zahnschmelz und dem Zahnbein verbirgt sich im Zahninneren ein Hohlraum, der mit Weichgewebe ausgefüllt ist und bis zu den Wurzelspitzen reicht. Dieses Zahnmark (Pulpa) – oder umgangssprachlich der „Nerv“ – besteht aus Bindegewebe mit Blut- und Lymphgefäßen sowie Nervenfasern. Durch Bakterien im Gefolge einer Karies, aber auch durch mechanische oder thermische Reizung, kann sich die Pulpa entzünden. Die dann entstandene sogenannte Pulpitis kann vorübergehend oder dauerhaft (irreversibel) sein. Sie ist im akuten Stadium mit starken Schmerzen verbunden.
In diesen Fällen ist eine Wurzelkanalbehandlung erforderlich. Das entzündete Gewebe und die vorhandenen Bakterien werden dabei möglichst vollständig entfernt, der Hohlraum wird für eine Füllung geformt (Aufbereitung). Die bakteriendichte Füllung des Kanalsystems (Wurzelfüllung) bildet den Abschluss der Behandlung.
Die weitaus häufigste Ursache für die Entstehung einer Entzündung des Zahnmarks (Pulpitis) ist eine tiefe Karies. Bakterien dringen somit in das Zahninnere ein und infizieren das gesamte Weichgewebe. Aber auch andere Reize können zu einer solchen Entzündung führen: Mechanische Belastungen (Schläge, Stöße, dauerhaftes Knirschen) und thermische Reize schädigen das Gewebe. Die Reize scheinen sich im Laufe der Zeit zu summieren, bis schließlich eine Entzündung die Folge ist.
Die mechanischen Belastungen können aber auch zu feinen Haarrissen führen, die wiederum den Zugang für Bakterien ermöglichen.
Der Zahn kann dann schmerzempfindlich auf Kälte und Wärme reagieren oder plötzlich und auch lang anhaltend schmerzen. Die Folgen der Entzündung können aber auch unbemerkt bleiben und erst bei der zahnärztlichen Untersuchung entdeckt werden.
Wird diese Entzündung nicht behandelt, können die Bakterien auch über den Wurzelkanal hinaus eine eitrige Zerstörung des Kieferknochens herbeiführen. Andere Organe können erkranken und das Immunsystem wird geschwächt.
Wir können nur das gut behandeln, was wir sehen! Ein Meilenstein der Entwicklung war für die Wurzelbehandlung die Einführung des Mikroskops. Seitdem können die Zahnstrukturen, bis zu 25-fach vergrößert, endlich eingesehen und nicht nur ertastet werden.
Mit der Weiterentwicklung der auf mikroskopische Verfahren abgestimmten endodontischen Instrumente und Geräte konnten endlich auch sehr komplizierte Behandlungen durchgeführt werden. Zuvor verborgen gebliebene Nischen und Kanäle lassen sich nun entdecken und direkt einsehen, oft bis zur Wurzelspitze. Individuelle Kanalformen, kleine Perforationen und Verästelungen werden sichtbar. Damit kann die Erfolgsquote der Wurzelkanalbehandlungen sehr deutlich gesteigert werden.
Um diese Behandlungserfolge auf dem Gebiet der Endodontie zu erzielen, sind eine umfangreiche Spezialausrüstung, einschließlich eines Operationsmikroskops, eine mehrjährige Weiterbildung des Zahnarztes und jahrelange Erfahrung auf diesem Gebiet unverzichtbar.
Die Behandlung kann in einer oder mehreren Sitzungen durchgeführt werden. Ein Spanngummi wird über den Zahn gezogen, um das Eindringen von Speichel und Bakterien ins Zahninnere zu verhindern. Der Zahn wird geöffnet und ein Zugang zu den Wurzelkanälen wird geschaffen. Alle Kanäle müssen gefunden werden, damit die Behandlung erfolgreich sein kann. Das Mikroskop ist dabei der wichtigste Helfer.
Elektronisch und röntgenologisch wird dann die Kanallänge vermessen, um das gesamte Zahninnere zu behandeln, den umgebenden Knochen aber nicht zu irritieren.
Die Reinigung der Wurzelkanäle erfolgt mithilfe ausgeklügelter und aufeinander abgestimmter Instrumente, die die Kanalwände schonend und kontrolliert abtragen. Desinfizierende Spülflüssigkeiten unterstützen die Reinigung.
Zum Füllen wird ein elastischer Naturkautschuk (Guttapercha) verwendet. Warm in den Wurzelkanal eingebracht, passt er sich der Kanalanatomie an und füllt Hohlräume und Seitenkanäle aus. Eine dichte Füllung kann die erneute Bakterienbesiedelung des Kanalsystems samt späterer Entzündung verhindern.
Hat man die Ursache für die Entzündung beseitigt, klingen die Beschwerden meist schnell ab und auch eine Knochenauflösung um die Wurzelspitze verschwindet: Der Knochen baut sich wieder auf.
In den meisten Fällen gelingt es, das Kanalsystem von der Kaufläche her komplett zu reinigen und zu füllen. Wenn jedoch Stifte oder starke Verkalkungen den Zugang unmöglich machen, kann der verbliebene Kanalteil von der Wurzelspitze aus gereinigt und gefüllt werden. Verbunden ist dies mit einem kleinen chirurgischen Eingriff, um einen Zugang zur Wurzelspitze zu erzielen. Dabei wird die eigentliche Spitze der Wurzel entfernt (reseziert; Wurzelspitzenresektion). Mit feinen schall- und ultraschallangetriebenen Instrumenten wird der Kanal nun von unten gereinigt und schließlich dicht gefüllt.
Wird eine Entzündung nicht behandelt, so können die Bakterien die gesamte Zahnpulpa zerstören und dann ungehindert in den Kieferknochen eindringen. Dies kann zu Knochenabbau, eitrigen Entzündungen, einer allgemeinen Schwächung des Immunsystems oder zu Erkrankungen an anderen Stellen des Körpers führen. Besondere Risiken bestehen bei Patienten mit künstlichen Herzklappen, künstlichen Gelenken oder bereits durchlittener Endokarditis.